Löschteich – Zustand nach Auflösung des Lagers, Herbst 1945
Die Baracken des Lagers
Um fünf Uhr morgens war Wecken: Mit Tritten und Schlägen wurden die Männer aus den Baracken getrieben. Beim Morgenappell wurden Außenkommandos zusammengestellt, die das Lager verließen, um in der Stadt Zwangsarbeit zu leisten. Morgens gab es eine Scheibe Brot, manchmal mit etwas Margarine oder verdünnter Marmelade, mittags eine Suppe, die aus warmem Wasser und einigen Kohlblättern oder Gras (!) bestand, abends nochmals eine Scheibe Brot oder Reste der Mittagssuppe. Es gab Folterexzesse, und zum Symbol für die Qualen und Demütigungen, die die Gefangenen im »Erweiterten Polizeigefängnis« Neue Bremm erlitten, wurde der Löschwasserteich im Zentrum des ehemaligen Männerlagers. Die Aufseher hatten dieses künstliche Wasserreservoir bald zum rituellen Mittelpunkt von täglicher Misshandlung, systematischer Folter und gezielten Mordens umfunktioniert.
Bernard Cognet, vom 21. März bis 10. April 1944 Gefangener im Lager Neue Bremm, schildert dies so:
»Den ganzen Tag über, vom Morgengrauen bis zur Nacht, wurden wir genötigt, Leibesübungen durchzuführen, bis einer von uns vor Erschöpfung starb. Wir mussten im Laufschritt ein Becken umrunden, dann auf allen Vieren … dann kriechen … schließlich im Entengang …. unter ständigen Schlägen. Und sollte keiner von uns den Aufsehern zum Gefallen diesem wahnsinnigen Rhythmus erliegen, dann wurde einer willkürlich ausgewählt und im Becken ertränkt…«.
Der ehemalige Häftling und Zwangsarbeiter Vasyl Volodko, der im Jahr 2002 im Alter von 78 Jahren das ehemalige Lager besuchte, konnte sich beim Betreten des Geländes weder an die Gaststätte auf der anderen Straßenseite noch an die Existenz eines Frauenlagers erinnern. Als er jedoch vor dem Löschteich ankam, nahm er dort eine gehockte Stellung ein und demonstrierte die Art der im Lager üblich gewesenen Folter.
Später sagte er:
»Alle Gefangenen werden für immer das Löschwasserbecken im Lager, das Froschhüpfen um das Becken in Erinnerung behalten.«
Vor Erschöpfung Zusammengebrochene wurden bis zur Bewusstlosigkeit mit Gummischläuchen, Peitschen oder Holzknüppeln traktiert und oft dann in den Löschteich geworfen. Kamen sie durch den Schock des kalten Wassers wieder zur Besinnung, so wurde ihr Kopf mit dafür bereitliegenden Holzstangen immer wieder unter Wasser gedrückt. Wer diese Torturen überlebte, wurde in die so genannte »Krankenbaracke« gebracht. Medizinische Versorgung oder Pflege wurde hier jedoch nicht geleistet – der als Lagerarzt fungierende Mediziner betrat zumeist das Revier, um lediglich Totenscheine auszustellen; nach den Erinnerungen vieler Häftlinge verließ kaum jemand diese Krankenstation lebend. Im Rastatter Prozess gab es mehrere Zeugenaussagen, die auch Tötungen von Kranken und Sterbenden durch Giftinjektionen beobachtet haben wollten. »Allgemeine Schwäche« oder »Herzstillstand« wurde dann vom Lagerarzt als Todesursache attestiert.
Die Situation der Häftlige war schlichtweg entsetzlich und erklärt, warum das Lager Neue Bremm von Überlebenden oftmals als ungewöhnlich grausam geschildert wurde; viele bezeichneten die Neue Bremm als »Todeslager« und »Hölle von Saarbrücken«. Roger Vanovermeir war im Oktober 1943 nur elf Tage im Lager, ehe seine Odyssee durch die Konzentrationslager Buchenwald, Sachsenhausen, Natzweiler-Struthof bis nach Dachau begann. Er äußerte sich wie folgt:
»Wenn man von der Neuen Bremm kam, konnte man hinkommen, wohin man wollte: es fiel einem immer ein Stein vom Herzen. Es war nirgends so schlimm wie auf der Neuen Bremm.«